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Warum Du auch über psychische Erkrankungen bloggen solltest | Annika

Gedanken und Beweggründe für das Bloggen über psychische Erkrankungen

Es gibt immer noch zu viele Vorurteile und Stigmata wenn es um das Thema Depression oder andere psychische Erkrankungen geht. Umso wichtiger ist es, dass Betroffene selbst dabei helfen darüber aufzuklären um mehr Verständnis in der Gesellschaft zu schaffen. Psychische Erkrankungen sollten kein Tabuthema sein, nur weil sie unbequem oder schwer nachvollziehbar sind. Menschen die unter einer Depression leiden, werden immer noch anders behandelt, als Menschen mit körperlichen Erkrankungen, werden weniger ernst genommen und verurteilt. Niemand sucht sich eine psychische Erkrankung aus und sie kann jeden treffen.

Den Anstoß zu diesen Interviews gab mir Lena, die auf Instagram unter freudmich postet und auch bereits ein Buch mit dem Titel „Psyche? Hat doch jeder!“ veröffentlicht hat um unter anderem mit Vorurteilen aufzuräumen.

Denn es glauben immer noch viele Menschen, dass man eine Depression mit z.B. Schokolade oder einem Urlaub heilen kann.

Annika bloggte 2016 auf zwei Kanälen: Auf ihren Foodblog teilte sie leckere und einfache vegane Rezepte, während auf ihrem alternativen Lifestyleblog ihre Herzthemen vegane Kosmetik, Serien & „spooky Stuff“ Platz fanden. Inzwischen studiert sie Psychologie und teilt hin und wieder ihre Gedanken zum Thema Selfcare und Psychologie auf Instagram.

Bloggerin Annika Moon

Warum hast Du Dich dazu entschlossen, öffentlich über psychische Erkrankungen zu sprechen?
Ich habe mich aus mehreren Gründen dazu entschieden, auf meinem Blog über meine psychischen Baustellen zu schreiben.

Ich habe den Eindruck, dass psychische Krankheiten noch immer ein großes Tabuthema sind, und das halte ich für extrem schädlich für alle Betroffenen.

Je weniger Menschen sich trauen, über psychische Krankheiten zu sprechen, desto weniger ist in der Gesellschaft darüber bekannt und desto eher empfinden Betroffene ihre Probleme als „abnormal“ und versuchen womöglich, sie zu verleugnen anstatt sich behandeln zu lassen. Zumindest kommt es mir so vor, als würden viele Menschen es als große Schwäche oder Schande empfinden, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wohingegen die meisten keinerlei Probleme damit haben zu erwähnen, dass sie wegen körperlicher Probleme zum Arzt gehen.

Ich habe selbst gespürt, wie sehr man sich selbst verleugnen muss, wenn man seine Krankheit so gründlich versteckt. Und wie sehr man dazu neigt, sich irgendwann selbst nicht einmal mehr zu glauben, dass da etwas ist, das Hilfe von außen erfordert.

Eine meiner Motivationen, über dieses Thema zu schreiben, ist es, anderen Mut zu geben, die Ähnliches durchmachen. Ihnen zu zeigen, dass sie nicht allein sind und dass es trotz Krankheit weitergehen kann. Ich fänd es aber auch nicht verkehrt, wenn Nicht-Betroffene meinen und andere persönliche Beiträge dazu lesen, um vielleicht insgesamt zu ein wenig mehr Verständnis beizutragen.

Und nicht zuletzt habe ich den Artikel auch aus ganz egoistischen Beweggründen geschrieben. Denn er ist für mich auch ein großer symbolischer Schritt, nicht weiter zu leugnen und zu verstecken und stattdessen besser auf mich selbst zu achten.

Meine Wut war ein großer Antrieb bei dieser Entscheidung.

War es schwer, den Beitrag zu veröffentlichen?
Ja. Das jahrelange Verstecken und Leugnen ist einfach in Fleisch und Blut übergegangen und hat einen bedeutenden Teil meiner inneren Alltagsorganisation ausgemacht. Damit zu brechen und öffentlich darüber zu schreiben, ist schon eine große Überwindung für mich gewesen.

Natürlich habe ich mir auch Gedanken darüber gemacht, wer das jetzt alles lesen könnte und was das für Konsequenzen für mich haben könnte, diesen Schritt zu wagen. Mut und Dummheit liegen nah beieinander, darum habe ich lange drüber nachgedacht. Was aber auch ziemlich nah beieinander liegt, sind Mut und Wut. Wut auf Ungerechtigkeiten, auf Täter, auf Ignoranz, auf verpasste Unbeschwertheit. Meine Wut war ein großer Antrieb bei dieser Entscheidung.

Was ist passiert, nachdem Du den Beitrag gepostet hast?
Von außen gab es sehr viele positive Reaktionen. Auf Facebook, auf meinem Blog und auch aus meinem privaten Umfeld. Aber auch von innen. Meine Entscheidung, mich nicht mehr zu verstecken, tut mir gut.

Man muss natürlich sehr genau abwägen, wie viel man preisgibt. Wie viel für einen selbst okay oder sogar hilfreich ist, und mit welchen Informationen man sich vielleicht zu sehr angreifbar machen würde. Ich denke, ich habe lange genug abgewägt, um das für mich passend einzuschätzen. Natürlich kann es passieren, dass meine Offenheit auch noch negative Reaktionen auslöst. Oder dass es Menschen gibt, die nun weniger von mir halten. Aber so ist das halt mit Entscheidungen; sie bringen positive und negative Konsequenzen mit sich.

Psychisch gesund zu sein, ist ein Privileg.

Was ist Dir wichtig in dem Zusammenhang, was willst Du noch dazu sagen?
Ich möchte noch eine Bitte an Nicht-Betroffene richten: Psychisch gesund zu sein, ist ein Privileg. Informiert euch gern über psychische Krankheiten, wenn ihr mögt, nur bitte verkneift euch Urteile und Vorwürfe. Selbst gut gemeinte Ratschläge von Menschen, die die Symptome nicht nachvollziehen können, können viel Schaden anrichten. Was bei gesunden Menschen z. B. gelegentliche Traurigkeit vertreibt, hilft einem Menschen, der an Depression erkrankt ist, noch lange nicht. Genauso wenig wie das Auflisten rationaler Argumente eine irrationale Angststörung mildert. Wenn dann noch eine Erwartungshaltung dazu kommt ( „Wenn du XY tust, wird das schon besser werden.“, „Nun bemüh dich doch mal, andere haben auch Probleme.“) kann das den Leidensdruck bei Betroffenen noch verstärken. Vor allem, wenn niemand da ist, der wirklich versteht, was das Problem ist und wie geholfen werden kann.

Wenn ihr Freunde mit psychischen Erkrankungen habt, helft ihr ihnen aus meiner Sicht am ehesten, indem ihr ihnen zuhört, sie dazu ermutigt, sich therapeutische Hilfe zu holen und ansonsten einfach nach euren individuellen Möglichkeiten für sie da seid. Aber achtet auch darauf, eure eigenen Grenzen zu wahren. Ihr könnt auch als noch so treue Freunde nicht jedes Problem lösen oder gar professionelle Hilfe ersetzen.


Hier findest Du ein weiteres Interview:
Der öffentliche Umgang mit psychischen Erkrankungen – Herr Bock


Falls Du Hilfe brauchst findest Du hier Anlaufstellen

Anonym und kostenlos:

Telefonseelsorge
Tel.: 0800 1110111
Tel.: 0800 1110222
Rund um die Uhr erreichbar.
telefonseelsorge.de
Mail- oder Chatseelsorge:
online.telefonseelsorge.de

Kinder- und Jugendtelefon
Tel.: 0800 116111
Montags bis Samstags von 14 Uhr bis 20 Uhr.
nummergegenkummer.de

In akuten Krisen wende Dich bitte an Deinen Arzt, die nächste psychiatrische Klinik oder den Notarzt unter: 112

3 Gedanken zu „Warum Du auch über psychische Erkrankungen bloggen solltest | Annika

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